Schon in guten Zeiten ist die Fotografie eine harte Branche, doch die Corona-Pandemie hat die Lage mit ihren finanziellen und emotionalen Herausforderungen weiter verschlimmert. Wie waren die letzten Monate für euch?
„Ich bin nicht gut mit der Situation klargekommen“, gibt Alsultan zu. „Insbesondere in der Anfangszeit, als man noch so wenig darüber wusste. Ich habe mich körperlich ausgelaugt gefühlt und war so erschöpft, dass ich schon befürchtete, mir das Virus eingefangen zu haben. Ein Test zeigte jedoch, dass mit mir alles in Ordnung war. Ich glaube, dass unser körperliches Wohlbefinden eng mit unserer Psyche zusammenhängt.“
„Bei uns in Saudi-Arabien herrschte ein strenger Lockdown, alle Städte waren von den jeweiligen Nachbarorten abgeriegelt. Ich lebe an der Grenze von Saudi-Arabien in der östlichen Provinz, in der während des Golfkriegs die US-Streitkräfte stationiert waren. Es war für mich eine große emotionale Belastung, diese Phase meiner Kindheit [in der die Bewegungsfreiheit ähnlich eingeschränkt war] erneut zu durchleben. Ich fand einen Weg, meine Heimatstadt zu verlassen, und ging zusammen mit einer meiner Töchter in die Hauptstadt Riad, da ich hoffte, dort mehr Arbeit finden zu können. Das hat jedoch nicht geklappt. Zudem saß ich so plötzlich mit nur einer meiner Töchter in einer Stadt fest, die mir im Grunde fremd ist.“
„Um damit klarzukommen, habe ich begonnen, mich mit anderen Dingen als der Fotografie zu beschäftigen“, fährt Alsultan fort. „Ich hing so sehr an meiner Kamera, dass ich mich regelrecht unvollständig fühlte, wenn ich sie nicht in den Händen hielt. Also habe ich begonnen, Bücher über Meditation zu lesen, zu lernen, wie ich ruhiger werden kann und mir meiner Umgebung bewusster werde, und engen Kontakt zu meiner Familie gesucht. Außerdem habe ich in den ersten drei Monaten auf Instagram täglich Live-Interviews durchgeführt. Das hat mir einen Grund gegeben, morgens aufzustehen und mich um die Organisation zu kümmern.“