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Tipps von Profis: So ziehst du deinen ersten Auftrag an Land

Vocalist and songwriter Desta Haile in side profile, surrounded by foliage.
Ein Portrait der Sängerin und Songwriterin Desta Haile von Amaal Said. Said begann, Fotos als Hobby aufzunehmen und Bilder auf verschiedenen Blogger-Websites zu posten. Sie sagt, dass sie die meisten ihrer Aufträge jetzt über Instagram erhält, wo sie rund 23.500 Follower hat. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III (mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon EOS 5D Mark IV) mit einem Canon EF 50mm f/1.8 II Objektiv (mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon EF 50mm f/1.8 STM) mit einer Verschlusszeit von 1/750 Sek., Blende 1:1,8 und ISO 200. © Amaal Said

Zu Beginn der Karriere der meisten Fotografen und Filmemacher liegt ein Zeitraum des Portfolio-Aufbaus, in der unbezahlte Gefälligkeiten und persönliche Projekte zwar für Arbeit sorgen, aber aus eigener Tasche bezahlt werden müssen. Wie gelingt also der Sprung vom aufstrebenden Talent zum bezahlten Profi?

Hier erzählen Editorial- und Porträtfotografin Jillian Edelstein, Werbe- und Industriefotograf Eberhard Schuy, Porträtfotografin Amaal Said, Sportfotograf Frits van Eldik und Filmemacher Hasan Aslan von ihren ersten bezahlten Aufträgen und teilen Erkenntnisse, die du auf deine angehende Karriere anwenden kannst.

Weitere Ratschläge und die ganzen Geschichten der Profis findest du in dieser Folge von „Shutter Stories“:

Beachten Sie bitte, dass die Audio-Inhalte nur in englischer Sprache zur Verfügung stehen.

A black-and-white portrait of Lord Lew Grade leaning against his desk with a lit cigar in his hand.
Jillian Edelstein begann als Pressefotografin in Johannesburg, Südafrika, und arbeitete dann später für die Sunday Times in London. „Ich habe dieses Bild von Lord Lew Grade in seinem Büro fotografiert, aber versehentlich mein Objektiv dort vergessen. Er schickte es mir mit seinem Fahrer und der Nachricht ‚Sie wollten offensichtlich wiederkommen‘ zurück. Als Andrew Neil, damals Redakteur von The Sunday Times, die Aufnahme sah, bot er mir einen Vertrag an.“ © Jillian Edelstein
Photographer Jillian Edelstein.

Jillian Edelstein

Edelstein hat über 100 Bilder in der National Portrait Gallery. Ihre Arbeit ist in Vogue, Time, Forbes und Vanity Fair erschienen, und sie hat bereits für Kunden wie Nespresso und Sony fotografiert.

1. Ergreife die Gelegenheit

„Als ich zum ersten Mal eine Kamera in die Hand nahm, hatte ich gerade meinen Abschluss gemacht und lebte in Südafrika unter der Tyrannei des Apartheid-Systems“, sagt Edelstein. „Ich verbrachte viel Zeit in den Townships und versuchte, eine Ausstellung zu bekommen und in die Kunstwelt einzusteigen. Aber das passierte einfach nicht, also begleitete ich meinen Vater auf seine Verkaufsreisen in ländliche Gegenden. Ich fotografierte Leute, während er versuchte, Möbel zu verkaufen. Auf einer dieser Reisen erzählte uns ein Nachbar an dem Ort, an dem wir übernachteten, dass in den Bergen ein Hubschrauber abgestürzt war. Ich fragte, ob ich ihn begleiten und den Unfall und die Einheimischen fotografieren könne. So habe ich mein erstes Titelbild eingefangen und wurde vorübergehend zur Pressefotografin.“

„Was ich rückblickend anders gemacht hätte, wäre, mich selbst besser zu präsentieren. Das ist wichtig, um Aufmerksamkeit zu erregen, und ich glaube nicht, dass ich damals genug Wert darauf gelegt habe. Sobald man einen bestimmten Weg eingeschlagen hat, ist es sehr schwierig, die Richtung zu ändern. Es gibt Leute, die sagen: ‚Oh, du machst nur Portraits und Editorial-Bilder‘, aber ich persönlich sehe meine Arbeit deutlich vielseitiger.“

Photographer Eberhard Schuy photographing saxophones in his studio.
Eberhard Schuy rät angehenden Fotografen, zunächst die Technologie zu meistern – vollständig und absolut. „Das ist für eine professionelle Karriere von entscheidender Bedeutung, da du dich so darauf verlassen kannst, dass sich deine Ideen auch in kreative Möglichkeiten verwandeln lassen“, sagt er. © Eberhard Schuy
A close-up of a saxophone.
Das Teilen von Instagram-tauglichen Aufnahmen wie dieser mit Tausenden von Followern war einfach nicht möglich, als Schuy seine Karriere begann. „Wir waren lokal begrenzt, und es gab keine Möglichkeit, uns so vielen Menschen und Unternehmen zu präsentieren“, sagt er. „Dennoch sollte die Bedeutung persönlicher Kontakte auch heute nicht unterschätzt werden.“ Aufgenommen mit einer Canon EOS 5DS R mit einem Canon TS-E 135mm f/4L Macro Objektiv mit 1/160 Sek., Blende 1:5,6 und ISO 100. © Eberhard Schuy
Photographer Eberhard Schuy.

Eberhard Schuy

Der deutsche Werbefotograf und der Canon Botschafter Schuy ist für seine Fähigkeit bekannt, digitale Geräte mit analogen Techniken zu kombinieren, und fotografiert für eine Vielzahl von Marken.

2. Verhalte dich immer wie ein Profi

„Meine ersten bezahlten Aufträge bekam ich 1984 in Form von Verpackungs-Shootings für eine Dose Motoröl für Ford und eine Dose Erbsen für Aldi. Eine der ersten Lektionen, die ich damals gelernt habe, war, dass es wichtig ist, von Anfang an professionell aufzutreten. Das gilt auch noch heute. Professionalität ist und war in der bezahlten Fotografie schon immer gefragt, daher muss die Arbeit mit großer Ernsthaftigkeit erledigt werden – von der ersten Idee bis zur Präsentation der Bilder. Ein Arzt würde nicht einfach drauflos operieren. Ebenso sollte ein Fotograf ein Bild nicht schnell aufnehmen. Kunden zahlen gutes Geld für hervorragende Professionalität, und ich hatte das Glück, dass ich das schon sehr früh erkannt habe“, sagt Schuy.

„Als Einsteiger hat man nichts vorzuweisen: keine Veröffentlichungen, keine Kampagnen. Daher ist es wichtig, dass du deine persönlichen Projekte mit Ernsthaftigkeit zeigst und die berufliche Absicht dahinter demonstrierst. Mein Rat lautet, ein Thema vorzubereiten und zu zeigen, wie du verschiedene Perspektiven darstellst und Fotos für eine bestimmte Zielgruppe aufnimmst, genau wie bei einem großen, professionellen Auftrag.“

„Rückblickend hätte ich mich früher spezialisieren sollen, um direkt in einen Bereich zu gelangen, in dem nur Profis arbeiten.“

A portrait of British journalist and author Reni Eddo-Lodge.
Amaal Saids erster Auftrag war ein Portrait der britischen Journalistin und Autorin Reni Eddo-Lodge, und ihre Bilder wurden seither in einer Reihe von Publikationen veröffentlicht, darunter Vogue und African Lens. „Ich möchte Fotos von den Frauen um mich herum machen – Frauen, die wie ich aussehen“, sagt sie. „Ich möchte, dass wir uns wunderschön fühlen. Ich möchte über Repräsentation und Geborgenheit sprechen und darüber, wo sich Menschen in ihrem Leben befinden.“ Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III mit einem Canon EF 85mm f/1.8 USM Objektiv mit 1/250 Sek., Blende 1:1,8 und ISO 100. © Amaal Said
Photographer Amaal Said.

Amaal Said

Die in Dänemark geborene und in London ansässige Porträtfotografin und Dichterin mit somalischen Wurzeln hat bereits Arbeiten in Vogue, The Guardian, The New Yorker und African Lens veröffentlicht und Bilder für Marken wie Dove produziert.

3. Entwickle deine Online-Präsenz

„Ich bin sozusagen im Internet aufgewachsen. Ich habe immer etwas auf Blogging-Websites gepostet, und als ich 2013 zu Instagram wechselte, folgten viele meiner Besucher. Tags und Features haben mir geholfen, meine Karriere ins Rollen zu bringen. Wenn Zeitschriften meine Bilder veröffentlichten, wurde ich dafür bezahlt“, erklärt Said.

„Ich glaube, dass viele Menschen in meinem Alter darauf vertrauen können, online gefunden zu werden. Ich habe nebenbei auch eine Website, aber einen Großteil meiner Aufträge bekomme ich über Instagram. Dort kontaktieren mich Leute mit neuen Jobs, daher ist es wichtig, eine Online-Präsenz aufzubauen. Ein Problem, das ich jedoch überwinden musste, bestand darin, die Qualität eines Bilds anhand der Likes zu beurteilen. Zu Beginn habe ich mein eigenes Selbstwertgefühl daran geknüpft, wie stark mit dem Bild interagiert wurde, was für meine psychische Gesundheit wirklich gefährlich war. Du musst lernen, deine eigene Arbeit kritisch zu bewerten, anstatt sie von einem Publikum beurteilen zu lassen, das einfach nur durch deine Fotos blättert.“

„Ich war nicht auf der Universität, um Fotografie zu studieren, und ich hatte keine formale Ausbildung. Vor jedem einzelnen Shooting hatte ich mit großer Angst zu kämpfen. Ich glaube, man kann da schon vom ‚Hochstapler-Syndrom‘ sprechen, so viele Selbstzweifel hatte ich. Daher lese und lerne ich viel und beobachte andere Menschen. Das hilft mir, über die Arbeit nachzudenken und sie gut zu machen.“

Spectators silhouetted by the sun watching cars on a racing track.
Frits van Eldik empfiehlt angehenden Fotografen, eine angemessene Bezahlung für ihre Arbeit zu verlangen. „Verlange von Anfang an einen angemessenen Betrag, da es später sehr schwierig ist, deinen Kunden zu erklären, warum sie mehr zahlen müssen. Stelle aber auch sicher, dass du das abliefern kannst, was sie erwarten.“ Aufgenommen mit einer Canon EOS-1D X Mark II (mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon EOS-1D X Mark III) mit einem Canon EF 70-200mm f/2.8L IS II USM Objektiv (mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon EF 70-200mm f/2.8L IS III USM) bei 200 mm, Verschlusszeit 1/4000 Sek., Blende 1:2,8 und ISO 100. © Frits van Eldik
Photographer Frits van Eldik.

Frits van Eldik

Der niederländische Sportfotograf und Canon Botschafter blickt auf eine 30-jährige Karriere in der Aufnahme dramatischer Motorsports-Events zurück, insbesondere Formel 1, Moto GP und Le Mans. Er verkauft auch Drucke und bietet Fotografie-Workshops an.

4. Stelle sicher, dass du bereit bist

„Als ich jung war, ging ich mit meiner Kamera zu vielen Rennen. Schon bald fotografierte ich die Trainingssessions am Samstag und arbeitete die ganze Nacht durch, um die Bilder zu entwickeln und sie dann am Sonntagmorgen vor dem Rennen an die Fahrer zu verkaufen. Journalisten, die durch die Boxen gingen, sahen meine Bilder und halfen mir, Aufträge in den Medien zu erhalten. Vor allem aber haben sie mir ermöglicht, von der anderen Seite des Zauns aus zu fotografieren“, sagt van Eldik.

„In meinem Genre, genau wie bei dem Sport, den ich fotografiere, gibt es keine zweiten Chancen. Viele angehende Fotografen sind zu sehr bestrebt, Geld zu verdienen. Du musst dir jedoch die Zeit nehmen, um dein Handwerk zu entwickeln und deinen Stil zu verfeinern, bevor du überhaupt darüber nachdenken kannst, Kunden anzusprechen. Ich habe Magazine und Bücher gekauft, mir die Bilder der besten Fotografen damals angesehen und versucht, von ihnen zu lernen. Aber es reicht nicht, Fotografen nachzuahmen, die bereits Kunden haben. Stelle sicher, dass dein Kunde dich wegen deiner eigenen Kreativität buchen möchte, nicht wegen der eines anderen.“

„Kunden erwarten einen bestimmten Standard, den du erfüllen musst. Ausreden zählen nicht. Du musst deine Versprechen einhalten und, wenn möglich, versuchen, die Erwartungen des Kunden zu übertreffen. Wenn dir das noch nicht gelingt, riskierst du, Kunden zu verlieren, bevor du wirklich für sie bereit bist.“

DoP Hasan Aslan films a food commercial on a Canon EOS C500 Mark II.
Kameramann Hasan Aslan nimmt mit einer Canon EOS C500 Mark II einen Werbefilm auf. Er empfiehlt, frühzeitig Kontakte zu Kollegen zu knüpfen, da einem das im Laufe der Karriere mehr Möglichkeiten eröffnet.
Filmmaker Hasan Aslan.

Hasan Aslan

Filmemacher Hasan Aslan aus den Vereinigten Arabischen Emiraten ist Miteigentümer und Kameramann des Filmservices-Unternehmens ALPHA 5, das Werbespots, Dokumentarfilme, Musikvideos und TV-Sendungen im Nahen Osten und darüber hinaus dreht.

5. Biete deinem Chef an, zu helfen

„Ich studierte Film, als ich einen Platz bei einem Praktikumsprogramm von Paramount Pictures bekam, weil ‚Mission Impossible: Ghost Protocol‘ in meiner Stadt in Dubai gefilmt wurde“, sagt Aslan. „Am Ende jedes Tages, sobald ich meine Arbeit beendet hatte, ging ich in die Kameraabteilung, um zu helfen. Als der Film fertig war, hatte die Crew gesehen, wie interessiert ich war, und fragte, ob ich Lust hätte, in der Kameraabteilung zu arbeiten. So begann ich als zweiter Kameraassistent.“

„Mein Rat, um mehr Arbeit zu bekommen, besteht darin, deinem Vorgesetzten die Arbeit einfacher zu machen. So gelang es mir, die Karriereleiter zu erklimmen. Ich dachte mir: ‚Was kann ich tun, um der Person, unter deren Aufsicht ich stehe, den Tag zu erleichtern?‘ Auf diese Weise hatte mein Vorgesetzter mehr Zeit, mir etwas beizubringen, und wenn er einige seiner Aufgaben leid war, hat er mich gebeten, sie zu erledigen. Je mehr Chancen er mir bot, desto besser wurde unsere Beziehung. Und wenn du eine gute Beziehung zu den Menschen hast, mit denen du zusammenarbeitest, kommen die Aufträge fast wie von selbst.“

Verfasst von Natalie Denton


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