Das Canon Cinema EOS Produktsortiment umfasst Vollformat-Kameras und Super 35mm-Kameras sowie zahlreiche Cinema-Objektive passend zum jeweiligen Sensorformat. Aber was sind die Hauptunterschiede zwischen Super 35mm und Vollformat, und wann sollte einem Sensortypen der Vorzug gegeben werden?
Der große Unterschied zwischen Vollformat- und Super 35mm-Sensoren ist ihre physische Größe. Das wirkt sich unter anderem auf das Gesichtsfeld, die Wahl der Brennweite und die kreative Kontrolle über die Schärfentiefe aus.
Der Kameramann Ian Murray verrät, dass er für seine Arbeiten weiterhin sowohl Vollformat als auch Super 35mm verwendet. „Es ist eine kreative Entscheidung. Es gibt Situationen, in dem ein Format besser passt als das andere“ erklärt er.
Ian hat an Kampagnen für bekannte Marken gearbeitet, darunter Amazon, Volkswagen und Nespresso. Er weist darauf hin, dass für einige Motive besser eine höhere Schärfentiefe geeignet ist, die mit dem kleineren Format einfacher erzielt werden kann. „Ich hatte einen Auftrag, bei dem es um Lebensmittel ging und machte die Aufnahme mit Super 35mm. Wenn der Lichtabfall in der Schärfentiefe zu groß ist, sieht das bei Lebensmitteln einfach nicht richtig aus. Ich wusste also, dass Vollformat für diesen Auftrag nicht das Richtige war.
„Wenn du einen Historienfilm drehst oder etwas, das einen Retro-Look haben soll, dann ist Super 35mm die bessere Wahl. Mit dieser Sensorgröße kannst du nämlich einen klassischeren Look erzielen, der an die Anfänge des Kinos erinnert“, fährt er fort. „Wenn du etwas mit mehr Action aus der Ferne oder aus der Hand filmst und es mehr um die Erzählung selbst geht – insbesondere dann, wenn du in die Welt eines Charakters eintauchen möchtest, – dann ist meiner Meinung nach Vollformat die bessere Wahl.“
FILMEN
Vollformat und Super 35mm im Vergleich: Für welche Sensorgröße sollten sich Filmemacher entscheiden?
• Crop-Faktor von Super 35mm und Vollformat im Vergleich
• Kreative Steuerung der Schärfentiefe
• Objektiv-Kompatibilität
• Größe und Gewicht der Kamera
• Auflösung, Dynamikumfang und Low-Light-Eigenschaften
Crop-Faktor von Super 35mm und Vollformat im Vergleich
In einer Kamera zum Fotografieren steckt höchstwahrscheinlich ein Vollformat- oder ein APS-C-Sensor. Letzterer ist kleiner, und daher erfassen APS-C-Kameras einen kleineren Bereich des Gesichtsfelds von Vollformat-Objektiven. Der „Crop-Faktor“ beträgt hierbei 1,6. Anders ausgedrückt: Das Motiv im Bildausschnitt ist deutlich größer. Der APS-C-Sensor vergrößert also im Grunde die Reichweite des Objektivs. Aus diesem Grund wird der Crop-Faktor auch Brennweitenumrechnungsfaktor genannt. Das bedeutet, dass die effektive Brennweite eines 50mm-Objektivs beispielsweise zu 80 mm wird (50 x 1,6). Das Gleiche gilt auch für Videokameras. Im Vergleich zum großen Vollformat hat das Super 35mm-Format einen Brennweitenumrechnungsfaktor zwischen 1,460 und 1,535 (je nach Seitenverhältnis).
Unter sonst gleichen Bedingungen erzeugt der größere Vollformatsensor eine weitere Aufnahme als ein Super 35mm-Sensor. Anders gesagt: Mit einem Vollformatsensor benötigst du eine längere Brennweite, um denselben Bildwinkel wie mit einem Super 35mm-Sensor zu erzielen. Der Unterschied im Hinblick auf den aktiven Bereich der beiden Sensortypen (ca. 1,5-fach) bedeutet, dass ein 50mm-Objektiv an einer Super 35mm-Kamera ein ähnliches Gesichtsfeld liefert wie ein 75mm-Objektiv an einer Vollformat-Kamera.
Wenn du Motive filmst, denen du dich nicht näher kannst, dann kann die höhere Reichweite vom Super 35mm von Vorteil sein. Filmst du jedoch an Standorten mit wenig Platz und möchtest eine weite Aufnahme machen, ohne Anamorphoten zu nutzen, dann kann dich das Super 35mm etwas einschränken.
„Einer der Vorteile von Vollformat ist, dass du damit weitere Objektive nutzen kannst und dabei weniger Verzeichnungen auftreten“, merkt Ian an. „Wenn du ein 24mm-Objektiv mit einer Vollformat-Kamera nutzt, erhältst du einen extrem weiten Bildwinkel. Nutzt du jedoch eine Kamera mit Super 35mm, dann benötigst du eine Brennweite von 17–18 mm, um denselben Bildwinkel zu erzielen. Alles unter 24 mm weist Verzeichnungen auf. Wenn du also auf Vollformat umsteigst, kannst du mehr von der Welt sehen, in der du dich befindest, ohne dass die Aufnahmen künstlich aussehen.“
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Kreative Steuerung der Schärfentiefe
Ein weit verbreitetes Missverständnis beim Vergleich von Vollformat und Super 35mm ist der Glaube, dass der größere Vollformatsensor zwangsläufig eine geringere Schärfentiefe hat. Das ist jedoch nicht wirklich der Fall. Wenn du ein 24mm-Objektiv an einer Vollformat- oder einer Super 35mm-Kamera anbringst, sieht die Schärfentiefe im Wesentlichen identisch aus. Einziger Unterschied: Die Super 35mm-Aufnahme ist weniger weit. Mit dem Vollformat kannst du jedoch einfacher eine geringe Schärfentiefe erzielen. Um denselben Bildwinkel wie mit dem kleineren Super 35mm-Format zu erzielen, benötigst du eine längere Brennweite oder du musst näher an dein Motiv herangehen. Beide Optionen helfen dabei, dein Motiv zu isolieren.
Mit einer geringen Schärfentiefe kann die Aufmerksamkeit auf die wichtigsten Elemente einer Aufnahme gelenkt werden. Die höhere Schärfentiefe, die mit Super 35mm erzielt werden kann, hat jedoch auch kreative Vorteile.
„Wenn du den Blick des Zuschauers lenken möchtest, ohne die Szene komplett zu konzipieren, dann geht das ganz einfach mit einer geringen Schärfentiefe“, erklärt Ian. „Bei einer Story mit tiefgreifender psychologischer Komponente ist Vollformat eine gute Wahl. Es bietet dir die Möglichkeit, den Zuschauer in die Welt der Person hineinzuziehen, wenn alles um die Person herum weicher gestaltet wird.“
„Was ich gerne mache, ist mit Super 35mm herumzuexperimentieren, um einen etwas tieferen Fokus zu erzielen“, fährt er fort. „Momentan scheinen alle auf den Vollformat-Look mit geringer Schärfentiefe zu setzen. Wenn du aber Aufnahmen mit Super 35mm und T2.8 oder T4 oder sogar T5.6 machst, dann erhältst du komplett andere Aufnahmen als die, die du sonst momentan überall siehst. Du benötigst dafür allerdings mehr Kontrolle über deine Szene und musst dazu in der Lage sein, die Farben zu gestalten und Licht in die Szene zu bringen, um den Blick der Zuschauer zu lenken. Du kannst dich nämlich hierbei nicht auf die selektive Fokussierung verlassen. Aber wenn du das schaffst, dann wirst du mit einem komplett anderen Look und Ergebnissen belohnt, die an die Deep Focus Technik erinnert, die von Gregg Toland [Kameramann von Citizen Kane] erstmals genutzt wurde.“
Objektiv-Kompatibilität
Vollformat-Objektive projizieren ein Bild, das sowohl die aktiven Bereiche von Vollformat- als auch Super 35mm-Sensoren abdeckt. Da das kleinere Format einen Großteil des projizierten Bildes ignoriert, mag die Nutzung eines Vollformat-Objektivs mit einem Super 35mm-Sensor verschwenderisch erscheinen. Es bietet jedoch einige Vorteile. Du kannst beispielsweise den schärfsten und hellsten Bereich im Zentrum des Objektivs nutzen. Außerdem bietet es dir die Flexibilität, um mit demselben Objektiv zwischen Vollformat- und Super 35mm-Kameras hin- und herzuwechseln.
Allerdings sind Vollformat-Objektive im Vergleich zu Super 35mm-Objektiven tendenziell schwerer und langsamer (kleinere Blende), was in einigen Situation eventuell berücksichtigt werden sollte.
Mit einem Canon Bajonettadapter EF-EOS R 0.71X kann der ursprüngliche Bildwinkel eines EF Vollformat-Objektivs beibehalten werden, wenn dieses an einer Kamera mit RF Bajonett, insbesondere der Canon EOS C70 mit Super 35mm, angebracht wird. Der Adapter verkleinert das Bild des Objektivs effektiv um ein 0,71-faches. Außerdem wird die relative Lichtstärke gesteigert, wodurch du ein Bild erhältst, das um eine Stufe heller ist.
Der Bildkreis eines Super 35mm-Objektivs entspricht der Größe eines Super 35mm-Sensors. Allerdings kannst du das Objektiv eventuell dennoch mit einer Vollformat-Kamera nutzen, mit der Bilder auf Super 35mm zugeschnitten werden können. Cinema EOS Vollformat-Kameras können sowohl Vollformat- als auch Super 35mm-Zuschnitte im selben Gehäuse unterstützen. Sie sind also eine vielseitige Option für das Filmen von Produktionen, bei denen mehrere Objektive genutzt werden.
„Mit einem 35mm-Objektiv erzielst du auf einer Kamera mit Super 35mm eine mittlere Aufnahme. Auf einer Vollformat-Kamera kannst du jedoch eine Weitwinkelaufnahme filmen“, erklärt Ian. „Was ich dabei am interessantesten finde, ist die Position des Publikums zum Charakter. Du kannst mit einer Vollformat-Kamera in normaler Gesprächsdistanz gegenüber von jemandem sitzen und dabei mit einem 35mm-Objektiv eine Nahaufnahme der Person filmen. Es fühlt sich natürlicher an, da man mehr von der Umgebung sieht, diese aber aufgrund der Schärfentiefe etwas weicher wirkt. Mit Super 35mm würdest du hingegen ein längeres Objektiv nutzen, was bedeutet, dass der Bildausschnitt stärker zugeschnitten wird, um denselben Lichtabfall mit dem Hintergrund zu erzielen. Du würdest außerdem weniger vom Hintergrund sehen und aus der Aufnahme würde ein extreme Nahaufnahme werden.“
Von Netflix zugelassen: die Canon Cinema EOS Kameras
Größe und Gewicht der Kamera
Für größere Sensorformate wird normalerweise ein größeres Gehäuse benötigt. Kameras mit APS-C-Sensor, die zum Fotografieren verwendet werden, sind normalerweise deutlich kompakter als Vollformat-Kameras. Der Unterschied zwischen Vollformat-Videokameras und Videokameras mit Super 35mm ist hier jedoch nicht so groß. Tatsächlich macht die Sensorgröße bei der Cinema EOS Produktreihe keinen großen Unterschied aus. Die EOS C300 Mark III mit Super 35mm und die EOS C500 Mark II mit Vollformat sind in Sachen Größe und Gewicht beispielsweise nahezu identisch.
Die EOS R5 C hat jedoch zu wirklich drastischen Veränderungen geführt. Sie ist die kleinste Kamera der derzeitigen Cinema EOS Produktreihe und kann 8K DCI RAW Video über den gesamten Vollformatsensor hinweg aufnehmen. Außerdem ist sie auch noch kleiner und leichter als kompakte Super 35mm-Kameras wie die EOS C70 und die EOS C100 Mark II.
Auflösung, Dynamikumfang und Low-Light-Eigenschaften
Die größere Fläche eines Vollformatsensor bietet Platz für mehr Fotozellen, wodurch eine höhere Auflösung möglich ist, bzw. für größere Fotozellen, die eine bessere Empfindlichkeit und verbesserte Low-Light-Eigenschaften ermöglichen.
Eine höhere Auflösung bietet dir sowohl kameraintern als auch bei der Nachbearbeitung mehr Flexibilität. Nehmen wir die Canon EOS C500 Mark II mit ihrem 5,9K Vollformatsensor als Beispiel. Wenn du die XF-AVC Aufnahme auf der Kamera auswählst, kannst du 5,9K mit Oversampling ausnutzen, um 4K DCI- und 4K-UHD-Aufnahmen aufzuzeichnen, die im Vergleich zu herkömmlichen 4K-Inhalten eine verbesserte Klarheit, Moiré-Unterdrückung und Rauschreduzierung aufweisen.
Wenn du die 5,9K RAW-Aufzeichnung nutzt, dann kannst du in der Nachbearbeitung von der höheren Auflösung Gebrauch machen, um heranzuzoomen, die Aufnahme neu auszurichten oder eine Bildstabilisierung anzuwenden, während du gleichzeitig 4K oder Full HD beibehalten kannst. Der 8K-Vollformatsensor der EOS R5 C bietet dir hierbei noch mehr Möglichkeiten. Ein möglicher Nachteil all dieser zusätzlichen Informationen ist die erhöhte Datenmenge, die verwaltet und gespeichert werden muss. Durch die Entwicklung von Cinema RAW Light gehört dieses Problem allerdings der Vergangenheit an.
Mit Vollformat kannst du einen höheren Dynamikumfang einfangen. Die Evolution der Super 35mm-Sensortechnologie in der EOS C300 Mark III und der EOS C70 bieten jedoch ein neues Niveau an Leistung. Mit dem 4K Super 35mm DGO-Sensor (Dual Gain Output), der in diesen Kameras steckt, kannst du mit Canon Log 2 einen weiteren Dynamikumfang von mehr als 16 Blendenstufen sowie Low-Light-Eigenschaften mit geringem Rauschen von bis zu ISO 102.400 genießen.
Oder wie Ian sagt: „Super 35mm verschwindet nicht so schnell von der Bildfläche.“ Filme werden seit den 1950er Jahren in einem Format gefilmt, das dem Super 35mm ähnelt. Dieser Standard begeistert jene Filmemacher, die sich vom Look klassischer Filme aus der Vergangenheit inspirieren lassen, auch weiterhin.
Kurzum: Jedes Format hat seine eigenen Eigenschaften, die es zur perfekten Wahl für ein bestimmtes Projekt machen. Super 35mm bliebt aus gutem Grund ein beliebter Standard. Der Umstieg auf Vollformat ist keine technische Notwendigkeit, sondern ist vielmehr eine kreative Entscheidung.
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