In der Fotografie, ebenso wie im Leben, stellen sich viele bedeutende Fragen. In unserem letzten „Expertenmeinung“-Artikel hat mein Kollege John Maurice eine davon zum Thema Vollformat- vs. APS-C-Kameras beantwortet. In diesem Artikel werde ich eine weitere der Fragen beantworten, die uns am häufigsten gestellt werden: Sollte ich von meinem geliebten EF Objektiv auf ein RF Modell umsteigen?
Wenn du dir diese Frage stellst, hast du dich vielleicht schon für eine der Canon EOS R Systemkameras entschieden, die auf dem bahnbrechenden RF Bajonett aufbauen und dank einer Reihe von EF EOS R Bajonettadaptern auch EF und EF S Objektive nutzen können, ohne dass dies Auswirkungen auf die Qualität oder Funktionalität hätte. Alternativ kann es auch sein, dass du über dieses Thema nachdenkst, weil deine Entscheidung davon abhängt, wie die RF Objektive leistungsmäßig im Vergleich zu den EF Vorgängermodellen abschneiden.
ARTIKEL
Expertenmeinung: Solltest du auf ein RF Objektiv umsteigen?
Bevor wir also über bestimmte Objektive sprechen, lohnt es sich, die Hauptvorteile darzulegen, die das RF Bajonett den Objektiventwicklern von Canon geboten hat. Dank des großen Durchmessers des RF Bajonetts und des kurzen Auflagemaßes zwischen Bajonett und Sensor fanden die Objektiventwickler drei Möglichkeiten, wie sie die RF Objektive besser als die EF Objektive machen konnten:
- Kompaktere Objektive unter Beibehaltung der Qualität der EF Objektive
- Eine ähnliche Objektivgröße wie bei den EF Objektiven, allerdings mit mehr Leistung und zusätzlichen Funktionen
- Die Entwicklung neuer Objektivarten, die zuvor nicht möglich waren
Die offensichtlichste Ergänzung bei allen RF Objektiven ist der Steuerungsring. Du kannst diesen individuellen Steuerring nutzen, um verschiedene Kameraeinstellungen direkt vorzunehmen, einschließlich Blende, ISO, Verschlusszeit und sogar Weißabgleich oder um den AF-Bereich zu ändern. Zusammen mit den anderen physischen Steuermöglichkeiten der Kamera ermöglicht dir das, die Haupteinstellungen schnell und einfach anzupassen, ohne dass du in die Menüs gehen musst.
Eine zweite große Verbesserung bei allen RF Objektiven ist der Blendenmechanismus oder die elektromagnetische Blende (EMD). Bei RF Objektiven wurde die Geschwindigkeit der EMD erhöht, um hohe Bildraten zu ermöglichen. Außerdem kann die EMD in kleineren Stufen von 1/8 verändert werden, im Vergleich zu den 1/3-Stufen früherer Objektivmodelle. So können Hybrid-Filmer und -Filmemacher die Blende während der Aufnahme von Videos steuern, ohne dass die Filmaufnahmen durch plötzliche Veränderungen oder Helligkeitsanpassungen beeinflusst werden.
Besitzt du eine Canon Ausrüstung?
Diese Vorteile gelten für alle RF Objektive. Außerdem fallen beim Vergleichen einiger unserer RF Objektive mit ihren EF Pendants ein paar wichtige Unterschiede auf. Sehen wir uns einige davon genauer an.
RF vs. EF Objektive: lichtstarke 35mm Objektive
Vergleichen wir das Objektiv Canon RF 35mm F1.8 Macro IS STM mit dem EF 35mm f/1.4L IS II USM. Dieser Vergleich klingt vielleicht unfair, da es sich bei dem EF Objektiv um ein lichtstärkeres Objektiv der L-Serie mit wetterfestem Design handelt, aber das RF Modell hat auch einige Tricks auf Lager, die es zu einem Modell machen, das du ernsthaft in Erwägung ziehen solltest. Mit einem integrierten 5-Stufen-Bildstabilisator und der halbgroßen Makro-Funktion bei nur der Hälfte des Gewichts und 60 % der Größe eines EF Objektivs bietet das RF Objektiv viele Vorteile, die die um 2/3 bessere Lichtstärke des EF Objektivs ausgleichen. Natürlich bietet das RF Objektiv einen Hauptvorteil, der jeden anspricht, der sich diese beiden Objektive ansieht: Es ist deutlich kostengünstiger.
RF vs. EF Objektive: 50mm Objektive
Das 50mm Objektiv ist dank der natürlichen Perspektive und Vergrößerung seit mehr als einem Jahrhundert das Standardobjektiv. Es bietet im Allgemeinen auch die beiden Vorteile einer exzellenten optischen Leistung und einer hohen Lichtstärke. Im Falle des Objektivs EF 50mm f/1.8 STM kommt noch ein erschwinglicher Preis hinzu. Fangen wir mit der 1:1,8-Version an. Diese Objektive haben schon vielen Fotografen geholfen, ihre Fotografie auf ein neues Niveau zu bringen, da sie qualitativ hochwertig sind und eine gute Steuerung der Feldtiefe ermöglichen. Das EF 50mm f/1.8 STM Objektiv gibt es bereits seit den Anfängen des EOS Systems in verschiedenen Varianten. Das optische Design wurde also über Jahrzehnte hinweg weiterentwickelt, um kompakte, qualitativ hochwertige Objektive zu niedrigen Kosten produzieren zu können.
Bei der RF Version standen die Canon Designer vor der Herausforderung, dass Benutzer gerne ein 50mm RF Objektiv haben möchten, das ähnlich groß ist wie die bestehenden EF Objektive. Aufgrund des kurzen Auflagemaßes würde ein standardmäßiges optisches Design jedoch zu einem größeren Objektiv führen. Deshalb musste eine neue optische Konstruktion her. Die Canon Ingenieure haben sich also an die Arbeit gemacht und das Objektiv RF 50mm F1.8 STM entwickelt. Dieses ist nur 1 mm länger als das Objektiv EF 50mm f/1.8 STM.
Beim Designen des RF Objektivs konnte auch etwas gegen optische Aberrationen unternommen werden, indem eine neu entwickelte, aus Kunststoff geformte asphärische Linse integriert wurde, durch die die Bildqualität im Vergleich zum EF Modell von der Bildmitte bis zum Rand verbessert werden konnte. Zusammen mit den zuvor erwähnten Vorteilen des RF Objektivs und dem geringeren Fokussierabstand bedeutet das, dass sich ein Umstieg auf das RF Objektiv lohnt.
Expertenmeinung: Umstieg auf Vollformat
RF vs. EF Objektive: lichtstarke 50mm Objektive
Auf dem Gebiet lichtstärkerer 50mm Objektive setzt das EF 50mm f/1.2L USM seit mehr als 10 Jahren Maßstäbe. Es ist der Liebling von Fotografen in aller Welt, von Fotojournalisten bis hin zu Hochzeitsfotografen. Da das Objektiv so beliebt ist, ist es kein Zufall, dass das RF 50mm F1.2L USM eines der ersten RF Objektive war. Bei diesem Objektiv nahmen sich die Canon Ingenieure vor, ihr bisher leistungsstärkstes Objektiv zu entwickeln. Es beinhaltet eine UD-Linse, zwei asphärische Linsen und eine asphärische blankgepresste Glaslinse. Außerdem verfügt es über beinahe doppelt so viele Linsen wie das EF Objektiv (15 statt 8). Das RF Objektiv bietet eine beeindruckende Leistung, selbst wenn die Blende weit geöffnet ist. Zudem bietet das Objektiv im Vergleich zum Vorgängermodell eine reduzierte Naheinstellgrenze, schnellere Fokussierung und einen besseren Schutz vor Linsenreflexionen und Geisterbildern. Dadurch erzielt es in allen Bereichen eine bessere Leistung. Die verbesserte Auflösung beim RF Objektiv vermittelt das Gefühl, als würde die Kamera plötzlich über zusätzliche Auflösung verfügen. Damit überzeugt es jeden, der es einmal getestet hat.
RF vs. EF Objektive: 24–70mm Zoomobjektive
Ich habe erwähnt, dass eine der potenziellen Designoptionen für das RF Objektiv darin bestand, ein Objektiv zu produzieren, das eine ähnliche Größe wie die EF Objektive hat, allerdings mit mehr Leistung. Das RF 24-70MM F2.8L IS USM ist ein perfektes Beispiel dafür. Durch die EF Version, das EF 24-70mm f/2.8L IS II USM, wurde die Wahrnehmung geändert, dass Zoomobjektive nicht so gut sind wie Festbrennweiten. Wie kann man so ein Objektiv also verbessern? Indem man einfach alles verbessert! Die Canon Ingenieure haben damit begonnen, das perfekte professionelle Standardobjektiv für die RF Produktreihe zu entwickeln. Ein ideales Objektiv für Fotografen, Video- und Hybrid-Filmer sollte es werden. Man verwendete Nano USM Fokusantriebe, um eine schnelle, leichtgängige, geräuschlose und nähere Fokussierung ohne „Focus Breathing“-Effekt zu ermöglichen. Das ist vor allem für Videoaufnahmen ideal. Die Bildqualität wurde durch den Zoombereich noch weiter verbessert. Und um das Paket abzurunden, wurde auch ein 5-Stufen-Bildstabilisator integriert. Das RF 24-70mm F2.8L IS USM definiert komplett neu, wie ein professioneller Zoom in den 2020er Jahren aussehen sollte.
RF vs. EF Objektive: 70–200mm Zoomobjektive
Wenn man ein Objektiv als Allrounder für Profis bezeichnen kann, dann ist es die Objektivserie EF 70-200mm f/2.8L IS USM. Diese Objektive gehören zur Ausrüstung einer erstaunlichen Anzahl an Fotografen. Um es noch einmal zu erwähnen: Bei Canon wusste man, dass eine neue Version dieses Objektivs für das RF Bajonett essenziell war. Aber wie soll man es modernisieren, verändern, verbessern? Ja, die Bildqualität war natürlich ein Aspekt, aber welche anderen Punkte wurden in den verschiedenen Ausführungen des EF Objektivs noch nicht behandelt? Die Antwort: Größe und Gewicht. Wie wäre es mit einer ähnlichen Größe wie bei den beiden anderen 1:2,8-Objektiven des Trios professioneller Canon RF Zoomobjektive? Und wenn wir gerade dabei sind, warum integrieren wir nicht auch eine schnellere und leisere Fokussierung, einen geringeren Fokussierabstand, eine bessere Bildstabilisierung und geringeres Focus Breathing? Das Resultat: Das RF 70-200mm F2.8L IS USM ist rund 25 % kürzer und 33 % leichter als das Objektiv EF 70-200mm f/2.8L IS III USM. Es ist somit das kleinste seiner Art, das je gebaut wurde, und gleichzeitig bietet es eine bessere Bildqualität und wurde auch in so ziemlich jeglicher anderer Hinsicht optimiert.
Schlusswort
Canon hat Jahrzehnte damit verbracht, die EF Objektivreihe zu entwickeln, und es ist ein Beweis für ihre Fortschrittlichkeit, dass 30 Jahre nach der Einführung des EF Systems immer noch so viele dieser Objektive verwendet werden. Die Welt hat sich jedoch seit der Entwicklung des EF-Bajonetts sehr verändert. Bildverarbeitung hat sich verändert. Canon hat sich nicht nur die heutigen, sondern auch die künftigen Objektivanforderungen angesehen und innovative Technologien und hochmoderne optische Konstruktionen genutzt, um neue, leistungsstärkere Objektivversionen zu entwickeln. So hast du noch mehr Möglichkeiten beim Aufnehmen von Fotos, aber vor allem auch beim Drehen von Videos. Canon entwickelt eine Reihe von Objektiven, die mehr leisten können, damit du mehr leisten kannst.