Ása Steinars fand Island nicht immer so toll. Als sie im Alter von sieben Jahren aus Norwegen dorthin zog, fühlte sie sich eher wie in einer Kleinstadt als in einem Land. Doch als sie Jahre später nach einem Auslandsaufenthalt zurückkehrte, begann sie, das Land aus Feuer und Eis auf wunderbare Weise neu zu sehen.
Heute hat Ása mit ihren Fotos und Videos von ihren Abenteuern im In- und Ausland ca. 700.000 Follower auf Social Media. Mit ihren perfekten „Panorama-Selfies“, bescheidenen Selbstaufnahmen vor atemberaubenden skandinavischen Landschaften, sind ihre Instagram und TikTok Accounts zunehmen eine Hommage an die Wunder der isländischen Welt – von Kratern, Vulkanen und schwarzen Sandstränden bis hin zu Fjorden, Gletschern und Wasserfällen.
In ihren Landschaftsaufnahmen sind ganz oft Menschen zu sehen – normalerweise sie selbst. Dabei handelt es sich nicht um einfache Selfies, sondern darum, den Betrachter einzuladen, sich in sie hinein zu versetzen – etwas, das bei der Veröffentlichung in den sozialen Medien besonders wichtig erscheint. „Ich möchte beim Betrachter das Gefühl erwecken, dass er sich selbst im Bild wiederfindet, dass er sich dorthin begeben und die Natur erlebt will, anstatt sie nur aus der Ferne zu bewundern“, sagt Ása.
Um dies zu erreichen, sprechen Steinars Bilder in der Regel gezielt die Sinne an: Man kann die Wärme des Lagerfeuers an einem kalten Tag fast spüren, das Rauschen des Wasserfalls hören oder den heißen Kaffee nach einer langen Wanderung schmecken. „Für mich“, sagt Steinars, „geht es bei der Fotografie darum, dieses Gefühl zu erzeugen – ein Gefühl von Fernweh, Glück oder einfach die Inspiration, auf einen Berg zu gehen. Die Naturfotografie ist immer mit der Erkundung der Natur verbunden, deshalb füge ich gerne eine Person hinzu, um die ganze Geschichte dahinter zu erzählen.“
Hier erklärt uns Ása, wie sie das macht, und gibt Tipps, wie auch du deine Landschaftsfotografie auf die nächste Stufe heben kannst und verstehst, die Natur in einem ganz neuen Licht zu sehen.
Ása Steinars: Nicht nur die Landschaften allein macht die perfekte Aufnahme aus.
Mit farbenfroher Kleidung die Bildkomposition aufwerten
Beim Nachstellen von Ásas Panorama-Selfies wird ein wichtiger Teil des Bildes anfangs oft vernachlässigt: die Kleidung. Ása verwendet rote, gelbe und orangefarbene Kleidung, wenn sie bei bedecktem Himmel fotografiert oder wenn ihr Motiv weit entfernt ist. Das Fotografieren einer Person in der Landschaft vermittelt ein Gefühl von Größe, während helle Kleidung einem ansonsten flachen oder eintönigen Bild einen Farbakzent verleiht.
Ása geht sogar so weit, dass sie ihre Aufnahmeorte nach der Kleidung auswählt. Das ist natürlich besonders wichtig, wenn sie mit Bekleidungsmarken zusammenarbeitet. Sie achtet darauf, dass der Ort das Produkt der Marke entweder kompositorisch oder thematisch ergänzt – die gleichen Grundsätze gelten aber auch, wenn sie nicht im Kundenauftrag fotografiert.
„Ich finde einen Ort, der zum Kleidungsstil und zu den Farben passt“, sagt sie. „Wenn die Farbe nicht hervorstechen soll, versuche ich, Kleidung im lokalen Stil zu tragen, um mehr mit der Natur in Verbindung zu stehen. Das sind z.B. Islandpullover. Sie sind sehr angenehm zu tragen, passen aber auch gut zu Naturaufnahmen und eignen sich hervorragend für Nahaufnahmen.“
Die Verwendung von solcher Kleidung trägt dazu bei, dass das endgültige Bild ein Gefühl für den Ort vermittelt und dem Bild allgemein einen lokalen Touch gibt.
Das Motiv mit Natur umrahmen
Ása rahmt ihr Motiv oft mit natürlichen Elementen wie Felsen, Bergen und Gewässern ein. Manchmal bildet sie einen Rahmen, indem sie unscharfe Blumen im Vordergrund platziert, um die Aufmerksamkeit auf das Motiv zu lenken. Ganz egal wie die Bildkomposition erfolgt, sie sollte niemals erzwungen wirken.
„Für mich ist es enorm wichtig, dass ein Bild natürlich und angenehm zu betrachten ist“, sagt Ása. „Man sollte nicht über ein Bild nachdenken müssen, wenn man es sieht, also müssen die Proportionen stimmen und das Auge sollte das Motiv direkt finden und nicht danach suchen müssen.“
Es ist einfacher, Hintergründe hervorzuheben, wenn du ein Zoom- oder Teleobjektiv verwendest, etwas weiter vom Motiv entfernt stehst und dann so heranzoomst, bis der Hintergrund das Bild ausfüllt. Wenn das Motiv weiter vom Objektiv entfernt ist, kannst du auch die Vorteile der hyperfokalen Distanz ausnutzen, mit der Motiv und Hintergrund auch bei großen Blendenöffnungen ordentlich fokussiert sind.
Ein Standard-Zoomobjektiv wie das Canon RF 24-105mm F4-7.1 IS STM bietet einen zum Einstieg in die Landschaftsfotografie nützlichen Brennweitenbereich. Aber auch ein Weitwinkelobjektiv wie das Canon RF 35mm F1.8 Macro IS STM sollte man in Betracht ziehen – die Abbildungsqualität dieses Objektivs macht es zu einer guten Wahl für Landschaftsaufnahmen.
Ása sagt, man müsse mit der Komposition experimentieren, den Blickwinkel und die Position des Motivs verändern, viele Probeaufnahmen machen und Geduld haben. „Es geht wirklich darum, den perfekten Bildausschnitt zu finden, und das kann manchmal eine Weile dauern“, erklärt sie. „Ich würde empfehlen, es es langsam angehen zu lassen und ein wenig herumzuspielen, verschiedene Blickwinkel auszuprobieren und sie zu vergleichen. Vielleicht auch mal das Objektiv wechseln, um zu sehen, wie sich das Bild verändert. Manchmal verbringe ich sehr viel Zeit mit einem Bild, aber das ist der Perfektionist in mir. Am Ende lohnt es sich immer.“
Mit dem vorhanden Licht arbeiten
Bei der Aufnahme von Panorama-Selfies ist es für Ása wichtig, das vorhandene Licht zu nutzen, um das endgültige Bild zu verbessern, egal ob es ein bewölkter Tag ist oder die Sonne durch die Wolken scheint.
„Schau dir genau an, was passiert, wenn du bei Sonnenuntergang oder mittags fotografierst“, sagt Ása. Sie empfiehlt, die Kamera unter ganz verschiedenen Bedingungen einzusetzen, um die unterschiedliche Wirkung von weichem und hartem Licht zu verstehen. Auf diese Weise kannst du das Licht zu deinem Vorteil nutzen.
Wolken eignen sich auch gut als Diffusor. „Stürmische und bewölkte Bedingungen sind in Island keine Seltenheit, und ich habe mich durch meine vielen Shootings hier daran gewöhnt. Vor allem bei Landschaftsaufnahmen von Schluchten und Wasserfällen, sind solche Bedingungen ideal, weil sie nicht zu viel Schatten im Bild verursachen,“ erklärt Ása. „Alles wirkt weicher und es ist zudem einfacher, das ganze Bild richtig zu belichten.“
Wenn du erst einmal ein Gefühl für das natürliche Licht bekommen hast, wirst du feststellen, wie es sich mit den Jahreszeiten verändert. „Grüntöne wirken an bewölkten Tagen sehr lebendig, was tolle Ergebnisse beim Fotografieren im Sommer bringt“, sagt sie.
Die Magie von ferngesteuerten Aufnahmen und Timern
Ása stellt sich oft der zusätzliche Herausforderung, sowohl Fotografin als auch Motiv zu sein. Sie montiert ihre Kamera auf einem Stativ und löst sie dann über ihr Handy und die Canon Camera Connect App aus. Auch das Fokussieren macht sie über das Display des Handys. Dann stellt sie den Timer auf zwei oder zehn Sekunden ein. So hat sie genügend Zeit, das Handy wegzulegen, damit es nicht im Bild erscheint. Im Grunde genommen ist es ein Selfie, das nur nicht wie eines aussieht.
In anderen Fällen verwendet sie den in der Kamera eingebauten Timer, fokussiert vorher auf den Boden, auf dem sie stehen wird, oder auf ein Objekt in diesem Bereich, stellt den Timer ein und geht in Position. Das ist besonders bei Langzeitbelichtungen nützlich.
„Ich mache viele Bilder von den Nordlichtern in Island, und der Fernauslöser oder Timer ist dabei sehr wichtig“, verrät Ása. „Da man mit einer langen Belichtungszeit arbeitet, ist es wichtig, dass sich die Kamera nicht bewegt, weil sonst die Aufnahme verwackelt. Der Auslöser der Canon Camera Connect App ist optimal, aber wenn man diesen nicht hat, funktioniert auch der Zwei-Sekunden-Timer. Damit sind alle Erschütterungen vorbei, die das Drücken des Auslösers verursacht, bevor das Bild aufgenommen wird.“
Mit der Nachbearbeitung den eigenen Stil verfeinern
„Die Bearbeitung ist heutzutage ein wichtiger Bestandteil der Fotografie“ sagt Ása, „und es ist auch sehr hilfreich, sich die Bilder hinterher genau anzusehen.“ Sie rät darum, immer im RAW-Format zu fotografieren, um die meisten Daten zu erfassen und mehr Flexibilität bei der Nachbearbeitung zu haben. Die integrierten Canon „Bildstile“ – darunter Einstellungen wie „Landschaft“, „Neutral“ und „Natürlich“ – verleihen den Bildern eine einheitliche Farbpalette und Stimmung. Aber erst durch die Durchsicht der Fotos bekommst du ein Gefühl dafür, was du gut machst und was du noch verbessern musst.
Ása empfiehlt allen Einsteigern in die Landschaftsfotografie eine Bildbearbeitungssoftware wie Canon Digital Photo Professional (DPP) oder Adobe® Photoshop® Lightroom®. Hier findet man einige nützliche Voreinstellungen – im Wesentlichen benutzerdefinierte Filter, die mit der Software verwendet werden können –, die aber ein fundiertes Fachwissen über die Nachbearbeitung nicht ersetzen.
„Die Verwendung von Voreinstellungen kann ein guter Anfang sein, aber man darf nicht vergessen, dass dies kein Patentrezept für großartige Bilder ist“, sagt sie. „Selbst mit noch so guten Voreinstellungen musst du immer noch einen Großteil der Bearbeitung selbst vornehmen.“
Nie mit dem Experimentieren und Üben aufhören
Für diejenigen, die neu in der Fotografie sind oder wenig Erfahrung mit Landschaftsaufnahmen haben, empfiehlt Ása, sich die Arbeiten anderer anzusehen und von ihnen zu lernen. Such dir Fotografen, die du toll findest, und schau dir genau an, wie sie mit dem Licht arbeiten, ihre Bilder komponieren und kreative Blickwinkel finden.
Ihr wichtigster Tipp ist besonders einfach. „Ich habe so gut wie immer und überall eine Kamera dabei, und das schon seit mehr als 10 Jahren“, sagt sie. „Je mehr du fotografierst, desto besser wirst du.“ So einfach ist das. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Niemand wird als Fotograf geboren.“
Verfasst von Gary Evans
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